INTERVIEW MIT NICO HAMMANN: Für Baby Liv macht der Fußball mal Pause
Für Baby Liv macht der Fußball mal Pause
Das Christkind kommt bei den Hammanns etwas zu früh. Genauer gesagt am 18. November um 8.10 Uhr, als die kleine Liv das Licht der Welt erblickt.
Für den 34-jährigen Kapitän des SV Unter-Flockenbach ist es ein ereignisreiches Jahr – nicht nur wegen des Aufstieges in die Hessenliga.
Und auch 2023 hat der Ex-Profi Nico Hammann wieder viel vor – auf und außerhalb des Fußballplatzes.
Z wei Wochen nahm sich Nico Hammann beim SV Unter-Flockenbach aus dem Spiel. Er stand seiner Frau Laura bei, als im Mannheimer Uniklinikum ihr drittes Kind mit einem geplanten Kaiserschnitt geboren wurde. In Zeiten von Corona ist der Besuch im Krankenhaus nur schwer möglich und so „checkte“ Hammann gleich mit seiner Frau ein. Mittlerweile ist die Familie wieder in Siedelsbrunn vereint, gesund und munter – und die sechs- und vierjährigen Söhne Levi und Mio freuen sich über ein kleines Schwesterlein.
„Es war schon anstrengend, denn zu Hause hatten wir ja auch noch die zwei Kleinen“, sagt Hammann und ist froh über die Unterstützung, die seine Familie bekam. Die gab es auch vom SV Unter-Flockenbach, wo man vollstes Verständnis für Hammann zeigte. Er ließ auch mal eine Trainingseinheit ausfallen oder ging früher. Aber auch ohne den Leader landete der SVU gegen den 1. FC Erlensee einen Heimsieg (2:1), auswärts stand dagegen in Waldgirmes die Null – wie meistens in der gesamten Saison.
Es zeigt Hammanns Bedeutung für die Mannschaft, dass er nach seiner Rückkehr im Heimspiel am 3. Dezember mit einem seiner bekannt satten Schüsse das 1:1 erzielte. „Da war bei mir die Euphorie nach der Geburt wohl noch groß“, sagt Hammann über seinen Volltreffer und lacht. Am Ende gewann der SVU mit 3:1 und vermied auf Relegationsrang 14 zumindest einen direkten Abstiegsplatz zur Winterpause. Das letzte Spiel des Jahres fiel in Stadtallendorf wegen des Wintereinbruchs aus.
„Ich persönlich finde, dass wir absolut im Soll sind. Natürlich kann es immer besser sein, das ist ja klar“, sagt Hammann über das erste halbe Jahr des Aufsteigers im hessischen Oberhaus. Positiv stimmt ihn die Entwicklung der Mannschaft. „Nach den ersten Spielen habe ich gedacht: Auweia. Aber die Spieler haben sich – vor allem körperlich – schnell entwickelt und wir sind gut reingekommen. Alle haben einen Schritt nach vorne gemacht“, ist Hammann deshalb auch überzeugt, dass der Klassenerhalt geschafft werden kann.
W as dann in der nächsten Saison ist, das lässt der Wald-Michelbacher auf sich zukommen. Auch die Frage, wie lange er noch spielen will. „Das kommt drauf an, wen man fragt. Wenn es nach meiner Frau ginge, hätte ich bereits nach der letzten Saison aufgehört. Das kann ich auch verstehen“, sagt Hammann.
Ganz anders dürfte das SVU-Trainer Mirko Schneider sehen, der seinen Routinier nach den ersten Spielen zum Kapitän machte, weil sich Torwart Nico Schütz mehr auf seine eigene Leistung konzentrieren wollte. Körperlich sei er jedenfalls noch fit, und Spaß macht es sowieso, sagt Hammann, der dem Fußball sicherlich irgendwie treu bleiben wird.
Derzeit arbeitet er Vollzeit als Bürokaufmann und absolviert nebenher seine Trainer-C-Lizenz in der Sportschule Karlsruhe-Schöneck. Freitags betreut er seine Söhne bei den Bambini der JSG Ulfenbachtal. „Die haben beide Talent – auch wenn das meine Frau nicht gerne hört“, sagt der Vater und lacht.
Außerdem bildet sich Hammann seit November als Persönlichkeitstrainer bei „Home of Goals“ in Leonberg weiter – eine spannende Sache. „Wie kommuniziere ich mit den verschiedenen Menschentypen oder welche Werte definiere ich für mich?! Oft wird vergessen, dass der Sportler auch Mensch ist und es neben Technik, Taktik und Kondition auch um die Komponente Persönlichkeitsentwicklung geht“, schreibt Nico Hammann auf seinem Instagram-Account.
Im Gespräch mit dieser Zeitung erzählt der Ex-Profi von seinen eigenen Erfahrungen, beispielsweise als junger Spieler im Nachwuchsleistungszentrum der TSG 1899 Hoffenheim. „Da bist du nur eine Nummer.“ Als Trainer prägten ihn übrigens in seiner Karriere Guido Streichsbier in Hoffenheim (er ist heute U19-Nationaltrainer), Uwe Wolf bei Hessen Kassel und 1860 München sowie natürlich Jens Härtel, mit dem Hammann in Magdeburg seine schönste und erfolgreichste Zeit mit dem Zweitliga-Aufstieg hatte.
Besonders interessant fand Hammann den Unterricht bei einem Mentaltrainer. „Den scheinbar banalen Unterschied zwischen Toleranz, Akzeptanz und Respekt hatte ich beispielsweise vorher ganz anders interpretiert.“
Einen Mentalcoach kann der SV Unter-Flockenbach für seine Auswärtsspiele gebrauchen, denn es gelang noch kein Sieg in der Fremde – dafür immerhin fünf Unentschieden.
D ennoch liegt der Neuling damit in der Auswärtstabelle auf dem letzten Platz. „Unsere größte Baustelle sind die Auswärtsspiele. Alles andere kann man trainieren“, sagt Hammann. SVU-Betreuer Daniel Klöpfer habe schon angeboten, früher anzureisen, um dann die Trikots – wie in Heimspielen gewohnt – in der Kabine zurechtzulegen. Zu Hause findet sich der SVU nämlich viel besser zurecht und holte 20 Punkte in zwölf Spielen auf dem Wetzelsberg.
Die Auswärtsblockade aus den Köpfen zu bekommen, ist so knifflig wie ein Hausbau. Derzeit sind die Hammanns für ihr neues Heim in Wald-Michelbach noch in der Bauplanung – eigentlich sollte es im Sommer fertig sein. „Doch das sehe ich noch nicht. Es sind eben verrückte Zeiten.“ beg
Seine Söhne trainiert Nico Hammann derzeit bei den Bambini der JSG Ulfenbachtal. Archivbild: Fritz Kopetzky
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